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Innovation für die Offshore-Windenergie – Gestern, heute und morgen 

Die weltweit ersten Offshore-Windkraft-Anlagen wurden vor der Küste der dänischen Stadt Vindeby, auf der Insel Lolland im Jahr1991 aufgestellt. 2017 wurde dieser erste Windpark nach über 25 Jahren stillgelegt, in diesen zweieinhalb Jahrzehnten ist aber unglaublich viel im Bereich der Offshore-Windenergie passiert. Im Jahr 2010 ging der erste deutsche Offshore-Windpark in Betrieb, zwischen 2010 und 2020 hat sich die global installierte Leistung der Offshore-Windenergie verzehnfacht. Vor deutschen Küsten gab es zum Jahreswechsel 2021/2022 über 1.500 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 7,8 Gigawatt.  

Für die deutsche Offshore-Windindustrie begann alles mit zwölf Anlagen: Seit 2010 liefert das Testfeld Borkum West, heute als Windpark alpha ventus bekannt, Strom. Dieser erste deutsche Windpark nutzt zwei verschiedene Anlagentypen: Sechs der Firma Adwen (früher AREVA Wind bzw. Multibrid) und sechs von Senvion (vormals REpower Systems). Die Adwen-Anlagen nutzen Tripods, die Senvion-Anlagen leichtere Jacket-Fundamente. Beide Anlagentypen haben jedoch die gleiche Nennleistung von 5 MW, alpha ventus hat also insgesamt eine Leistung von 60 MW.  

Als erster deutscher Windpark weist alpha ventus verschiedene Besonderheiten auf. Die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE ist Eigentümer der Genehmigung und war außerdem an Planung, sowie Genehmigungsprozess beteiligt. Aufgrund des Pioniercharakters des Windparks wurde alpha ventus von Beginn an Schauplatz vielfältiger Begleitforschung zu den unterschiedlichsten (nicht nur technischen) wissenschaftlichen Fragestellungen. So hat das Bundesumweltministerium diverse Forschungsprojekte mit Bezug zu alpha ventus gefördert. Um die 40 Forschungsinstitute, Unternehmen und Behörden sind an der Begleitforschung beteiligt, die vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) koordiniert wird. Diese Art der Begleitforschung wird ebenfalls zentraler Bestandteil des geplanten Testfelds vor Warnemünde werden 

Die Geschwindigkeit der innovationsgetriebenen technischen Entwicklungen innerhalb der Branche war und ist beeindruckend. Die Anlagen, die für alpha ventus verwendet wurden, wiesen eine Rotorlänge von etwas über 60 Metern und etwas unter 300 Tonnen Gondelmasse auf. Stand heute werden die stärksten Anlagen von Siemens Gamesa am Standort Cuxhaven produziert, die Anlagen des Typs SG 11.0-200 DD verfügen über ein Maschinenhaus, das um die 500 Tonnen wiegt und dessen Innenleben, angetrieben durch fast 100 Meter lange Rotoren eine Nennleistung von 11 Megawatt ermöglicht.  

Aber nicht nur rein auf die Anlagenbau- und funktionsweise bezogen gab es in den vergangenen Jahren viel Neues im Bereich der Offshore-Windenergie. Ebenso rund um Installation, Betrieb und Rückbau ist sehr viel passiert. Im Bereich des Umweltschutzes gab es bereits vielfältige Entwicklungen, die den Einklang der erneuerbaren Energieerzeugung mit der Natur gefördert haben. Geforscht wird in diesem Sinne genauso an vielen „unsichtbaren“ Schnittstellen. Materialforschung ist bei Kabelherstellern oder Ersatzteillieferanten ein konstanter Prozesse. Stets geht es darum, Nutzungsoptimierungen zu ermöglichen. Erst vor kurzem hat so auch der Kabelhersteller Prysmian verkündet, man werde zukünftig HGÜ-Leitungen (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) mit deutlich gesteigerter Übertragungskapazität produzieren können. Die vordergründige Idee ist stets eine Reduzierung der Kosten und Umweltauswirkungen durch die Nutzung von weniger, jedoch effizienterer Leitungen.  

Genauso gibt es spannende Neuerungen aus dem Bereich Betrieb & Wartung. Die Fortschritte der letzten Jahre bei der Nutzung ferngesteuerter Drohnen bieten auf hoher See viel Potenzial. So könnten Drohnen die Logistik zu den Windkraftanlagen auf See vereinfachen, da sie eine kostengünstige Alternative zu Schiffen und Hubschraubern darstellen. Zusätzlich könnten Drohnen bei der Wartung der Anlagen helfen, da beispielsweise spezielle Drohnen sich vor den Anlagen positionieren und mit Messvorrichtungen die Rotorblätter bei laufendem Betrieb inspizieren könnten, auf der Suche nach Beschädigungen durch die rauen Umweltbedingungen auf See. Dies würde das Abstellen der Anlagen für einen geschulten Kletterspezialisten nur noch in Einzelfällen nötig zu machen.  

Aber auch über Installation und Betrieb hinaus tut sich vieles. Das Recycling von Offshore-Windenergieanlagen ist entscheidender Bestandteil einer ganzheitlichen Durchdringung der Energieerzeugung im Sinne einer Annäherung an die Kreislaufwirtschaft. Der Windpark Kaskasi, der bis Ende dieses Jahres vollständig in Betrieb gehen soll, verwendet zum ersten Mal serienmäßig komplett recyclingfähige Rotorblätter. Diese werden von Hersteller Siemens und Betreiber RWE Renewables im Park während des Betriebs weiter getestet.  

Es hat sich also für die Offshore-Windenergie einiges getan in den letzten Jahrzehnten. Neuerungen und Optimierungen haben in allen Bereichen stattgefunden, es wird aber sicherlich genauso spannend und überraschend weitergehen bei den Innovationen für die Offshore-Windenergie. Dies gilt ebenso für mit der Offshore-Windenergie zusammenhängende Bereiche, wie die Erzeugung von Grünem Wasserstoff (hierzu gibt es ebenfalls ein Projekt der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE). Das Nationale Testfeld soll und wird mit der interdisziplinären Forschung zu Bau, Betrieb und Rückbau, Umwelteinwirkungen und technischen Verbesserungen einen wichtigen Platz im Bereich der kommenden Innovationen für die Windenergie auf See einnehmen.