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Ein Testfeld aus Rostock – für Rostock, die Region und ganz Deutschland

Für die Stromproduktion durch Windkraftanlagen ist die Wahl des Standorts von ganz entscheidender Bedeutung. Hier spielt eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle, angefangen bei Windstärken und –richtungen, Wassertiefe und Bodenbeschaffenheit, bis hin zur Distanz von der Küste und den lokal vorkommenden Ökosystemen. Im Offshore Bereich sind die Herausforderungen für Errichtung und Betrieb solcher Anlagen natürlich ungleich größer als nah der Küste, gerade durch die ungebremsten Naturgewalten oder den schieren Aufwand, Mensch und Material an einen Standort auf offener See zu transportieren.

Wie unter Standortbedingungen beschrieben, sind die Verhältnisse vor der Küste von Warnemünde ideal für die Errichtung von Windkraftanlagen, gerade auch für die Erprobung von neuen Technologien und Innovationen im Rahmen eines Testfeldes: Durch die geringen Entfernungen und Wassertiefen werden Mensch und Material geschont, das Gebiet ist schnell und mit vergleichsweise geringem Aufwand zu erreichen und der produzierte Strom kann vergleichsweise einfach und effizient ans Land abgeführt und dort eingespeist werden.

Die lokalen Voraussetzungen könnten also besser kaum sein, allerdings bleibt die berechtigte Frage:
Wozu brauchen wir eigentlich ein Testfeld?

Die Antwort liefert ein Blick auf die Geschichte der doch noch relativ jungen Offshore Windenergie-Branche. Im Gegensatz zu reiferen Technologien herrscht im Bereich der Windkraft immer noch ein immenser Bedarf an Forschung und Entwicklung. Dies ist bedingt zum einen durch die rasanten Entwicklungen im technischen und digitalen Bereich seit der Jahrtausendwende und den praktischen Erfahrungen, die seitdem gesammelt wurden, zum anderen durch die ambitionierten Ziele der Energiewende, deren Anforderungen durch neue Erkenntnisse z.B. aus der Klima- oder Wirtschaftsforschung oder dem politischen Bereich immer weiter angepasst werden müssen. Eine konsequente weitere Senkung der Stromgestehungskosten ist ein weiterer Treiber für Innovationen in der Branche.

Der Bedarf an Forschung und Entwicklung im Offshore-Windkraft Bereich ist groß und erstreckt sich über diverse Themen wie beispielsweise:

– Neuartige Gründungsstrukturen, angepasst an unterschiedliche Bodenverhältnisse und Tiefen
– Netzentwicklung und –ausbau (national/international)
– Logistik (im Hafen, im Betrieb, im Transport von Anlagen und Personal oder für Sicherheitskonzepte)
– Produktion (Digitalisierung, Kooperationen, Fertigungsverfahren)
– Entwicklung von Markt- und Vergütungsmodellen (Harmonisierung von unterschiedlichen nationalen Ansätzen)
– Umwelt (Schallschutztechnologien, Beleuchtungskonzepte, Umwelt-Monitoring, Kolk- und Korrosionsschutz)
– Betrieb und Wartung (Unterwassertechnologien und -Arbeiten, Vermessungen)
– Neuartige Werkstoffe, Komponenten und Materialien
– Sektorenkopplung, Speichertechnologien
– Rückbaukonzepte
– Multi-Use Konzepte

An vielen dieser Themen wird bereits kontinuierlich geforscht, allerdings muss nach dem Labor irgendwann ein Feldversuch folgen, um alle neuen Ideen und Konzepte unter möglichst realen Bedingungen testen zu können. Ein Standort für solche Feldversuche sollte einfach erreichbar und kontrollierbar sein, sowie über geeignete Bedingungen vor Ort verfügen. Zudem bedarf es finanzieller Anreize, damit Betreiber, Entwickler und Forscher in die Weiterentwicklung gehen..

Dies ist im regulären Betrieb eines Offshore-Windparks nicht zu leisten. Daher gibt es Sonderregelungen für sogenannte Pilotwindenergieanlagen, die z.B. mit garantierten Marktprämien helfen, unabsehbare (finanzielle) Risiken von Forschung und Entwicklung abzufedern.

Durch die Bereitstellung eines physischen Testfeldes gewinnt die gesamte Wertschöpfungskette vor Ort, angefangen bei der privaten und universitären Forschung bis hin zu den lokalen und regionalen Unternehmen, deren Expertise dringend für die Umsetzung benötigt wird. Auch daher eignet sich der Standort Warnemünde hervorragend mit einer großen Anzahl an kleinen und mittelständischen Unternehmen aus dem maritimen Bereich.

Zur Verdeutlichung haben wir eine Interaktive Karte angefertigt, die einen Überblick über die lokalen Branchen und Unternehmen bietet und zeigt, wie viel Potential die Entwicklung eines Offshore-Testfeldes der Region bietet.

Nicht zuletzt ist ein derartiges Projekt einzigartig in Deutschland. Der Wettbewerb um Testfeld-Kapazitäten im europäischen Ausland ist groß und Deutschland hat bisher keine Kapazitäten geschaffen, um diesem Bedarf gerecht zu werden. Die erfolgreiche Umsetzung eines Testfeldes wäre eine Innovation deren Strahlkraft das Interesse der Branche weit über Deutschland hinaus wecken würde und damit die Region als einen Hotspot für „grüne“ Technologien etabliert.

Die Weiterentwicklung von Windenergie ist damit ein sehr langfristiges Projekt, das vor allem durch konzentrierten und kollektiven Einsatz aller Beteiligten vorangebracht werden kann. Das Nationale Testfeld Windenergie kann dabei wichtige Impulse liefern.

Mehr Informationen zu den verschiedenen Themen finden Sie z.B. in unseren Rubriken Forschung, Expertise vor der Haustür und Standortbedingungen. Außerdem werden wir in unserem Blog zukünftig bestimmte Themenbereiche und aktuelle Entwicklungen vertiefend behandeln.